SPIEGEL ONLINE Wissenschaft, da hoffe ich doch: „Qualitätsjournalismus“. Die informieren verantwortungsvoll und verständlich. Und „Wikipedia“? Na klar, ausgewogen und solide. Aber was ist mit „klimaretter.info“?
In Wikipedia las ich gestern zu klimaretter.info:
Spiegel Online beschreibt die Position des Magazins als „alarmistisch“ und „aggressive“ Umweltagitation.
Huch?
Das klingt aber richtig böse und unseriös.
Wikipedia bezieht sich auf einen
SPIEGEL ONLINE Wissenschaft
Beitrag von Axel Bojanowski. Überschrift:
„Streit über Umwelt-PR: So irreführend sind die Wissenslücken der Klimaforscher“.
Schon diese Überschrift erweckt den Eindruck, na ja, diese Wissenschaftler, die streiten sich doch nur über den Klimawandel. Keiner weiß was genaues. Axel Bojanowski geht mit keinem Satz darauf ein, worüber bei den Klimaforschern Konsens besteht. Er vermittelt nicht den Eindruck dass es allerhöchste Zeit ist, schnellstens mit der Dekarbonisierung in allen Bereichen der Gesellschaft voran zu machen. Im Gegenteil. Überall streut er Zweifel in einer sehr subtilen Art. Am besten charakterisiert mit einem Zitat des österreichischen Wissenschaftlers und Nobelpreisträgers Wolfgang Pauli:
„Das ist nicht nur nicht richtig, es ist nicht einmal falsch!“
Nun denke ich, Axel Bojanowski hat den Bericht einige Monate vor dem Pariser Weltklimagipfel geschrieben und würde heute anders formulieren. Ich bin gespannt. Denn leider ist traurige Gewissheit: Die Daten sind eindeutig und gehen dramatisch in die falsche Richtung. Schon bald könnte der Punkt erreicht sein, an dem der Klimawandel unumkehrbar wird. Es ist die Aufgabe eines guten Journalismus die komplexen Zusammenhänge zu erklären.
An alle Leser: Macht euch selbst ein Bild. Ich empfehle ausdrücklich
Klimaretter.info
und spende monatlich, weil mir soetwas im deutsche Medienwald gefehlt hat.
Wie bei allen meinen Reisen: etwas abgehetzt und vermutlich was Wichtiges vergessen, Einstieg in den IC, Mainz Hauptbahnhof Richtung Mannheim, von dort mit dem französischen TGV weiter. In Schnellzugsteige n in Saarbrücken fünf fett bewaffnete französische Polizisten ein. Sofort Unruhe, kurz darauf Schreie und Sc
himpfen. Dann Ruhe. Auf dem Sitz links vor mir, schläft ein junger Mann. Ich wundere mich, warum er trotz dem Lärm nicht einmal den Kopf hebt. Dann kommen drei Beamte zu uns. Sehen mich kurz an, rütteln an dem jungen Mann: „Passport?“. Der etwa 19-jährige schüttelt den Kopf. „Nationality?“ „Afghanistan“. Routiniert zieht einer den Jungen aus dem Sitz, mit traurigem Gesicht und stumm lässt er es geschehen, alle verschwinden im nächsten Wagen. Eine Frau schimpft auf französisch. Zwei Minuten später „außerplanmäßiger Halt in Forebach“. Die Polizisten und sechs junge Männer verlassen den Zug. Die verbleibenden schauen sich betroffen an.
So verlaufen die ersten Stunden meiner Reise zum Klimagipfel nach Paris. Wir fahren gerade 311 Kilometer pro Stunde.
Solutions COP21
Nachmittags besuche ich das offizielle Rahmenprogramm für den Weltklimagipfel: „Solutions COP21“ im Grand Palais. Wegen Kontrollen wie am Frankfurter Flughafen eine Stunde Wartezeit, obwohl nicht besonders viel los ist. Das Programm finde ich großenteils enttäuschend.
Einige Firmen sind echt bemüht, aber beispielsweise bei Coca Cola werde ich reflexartig misstrauisch. Von einem Schweizer Forscher der „H
orizon Social Media Analytics
“ nehme ich am meisten mit. Darüber werde ich einen eigenen Beitrag schreiben.
Climate Action Zone (ZAC)
In der ZAC sollte eigentlich von den Umweltgruppen die gr
oße Klimaschutzdemonstration am Ende des Klimagipfels vorbereitet werden. Bündnisse aller Schattierungen rund um den Globus hatten ihre Mitarbeit angekündigt. Dann kamen die Terroranschläge am 13. November wie eine Seuche über Paris. Vollständiges Demonstrationsverbot.
Als Alternative werden nun fantasievolle, gut organisierte, gewaltfreie aber entschiedene Aktionen geplant. Als ich ins ZAC komme, ist die Plenumshalle rappelvoll. Es wird diskutiert was zu tun ist und wie die Lage politisch einzuordnen ist. Im Plenum sitzt auch Naomi Klein. Die anderen kenne ich nicht, viele der Redebeiträge sind in französisch. Sprachbegabung hat man mir leider nicht mit in die Wiege gelegt.
Naomi Klein räumt freimütig ein, dass auch sie erst vor 10 Jahren die volle Brisanz des Klimawandels begriffen hat.
Klick gemacht
Wenn ich tief in mich gehe, muss ich gestehen bei mir sind es weniger als fünf Jahre her bis es „klick“ machte. Was eigentlich schon beschämend ist, da ich als Ingenieur sowohl mit Regelkreisen wie auch Statistik und nichtlinearen Simulationsverfahren reichlich Erfahrung sammeln durfte. Aber trotz vielfältiger Literatur hat mein Gehirn sich einfach geweigert die bittere Wahrheit voll zu realisieren. Wie auch. Da liest du eine alptraumhafte Analyse, die menschliche Zivilisation ist dabei sich auszulöschen, das sechste große Massensterben auf dem Planeten hat begonnen, du schaltest den Fernseher an, „und nun die Lottozahlen“.
Sicher, ich war schon viele Jahre vorher umweltbewusst, habe in Windenergie investiert (und damit sehr gut verdient), Müll getrennt, dicke Autos vermieden, Greenpeace unterstützt, die Grünen (oft sehr zähneknirschend) gewählt und nur Ökostrom durch die Steckdosen gejagt. Aber begriffen hatte ich es nicht wirklich.
Jetzt bin ich in Paris, um die Luft um den Weltklimagipfel einzuatmen und ein Gefühl dafür zu bekommen: Wie groß sind die Chancen der Menschheit die Kurve zu bekommen?
Es muss zweifellos eine sehr scharfe Kurve sein, eine Revolution. Die Zeit zum herumzackern haben wir nun wirklich nicht mehr.
Du hast einen schrulligen Onkel der immer noch sagt „Hör‘ mir auf mit Klimawandel, die Wissenschaftler sagen jedes Jahr was anderes? Einen Kollegen, der kundtut „alles halb so schlimm, was geht mich der Klimawandel an“? Einen Chef der ruft: „Wachstum ist am wichtigsten für uns, später werden wir schon was gegen den Klimawandel erfinden“?
16.11.2015 | 28:53 Min. | UT | Verfügbar bis 16.11.2016 | Quelle: Rundfunk Berlin-Brandenburg
Trotz der blutigen Anschläge will Frankreich Ende des Monats Gastgeber des Klimagipfels in Paris bleiben. Die hohen Kohlenstoffwerte in der Atmosphäre und die Erderwärmung zwingen zum Handeln. Der heißeste Sommer seit Beginn der Messungen brachte Deutschland Tornados, brennende Getreidefelder und einen riesigen Flüchtlingsstrom. Gibt es da Zusammenhänge?
Klasse Beiträge gibt es von der
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Birgit Berg: „Wer sich das Denken abnehmen läßt, darf sich nicht wundern, wenn man ihm bald auch den Kopf abnimmt.“
Meeresspiegelanstieg systematisch projiziert – Karten und beeindruckende Fotomontagen
Wenn wir so weitermachen wir bisher, ist neuen Untersuchungen zufolge mit einer Erhöhung der durchschnittlichen Temperatur um vier Grad zu rechnen.
Dann werden Eiskappen und Gletscher noch schneller abschmelzen und die Meeresspiegel noch schneller ansteigen als befürchtet. Mehr als eine halbe Milliarde Menschen ist nach einer
Studie der US-Forschungsorganisation Climate Central
gefährdet – weltweit 470 bis 760 Millionen Menschen in Küstenregionen.
Bei einem Temperaturanstieg von nur 2 Grad wären immer noch 130 Millionen Menschen vom höheren Meeresspiegel betroffen. “Dies sind die Ausgangspunkte für die globalen Klimaverhandlungen im Dezember in Paris”, schreibt Climate Central. Die Analyse beschreibt die Auswirkungen der unterschiedlichen Erwärmungs-Szenarien für die Küsten aller Länder und aller Megastädte auf dem Planeten. Ein global durchsuchbares
Mapping Choices Tool
ordnet sie.
Einige der wichtigsten Erkenntnisse:
China, weltweit führend im CO
2
-Ausstoß, führt auch beim Küstenrisiko, mit 145 Millionen Menschen, die an Land letztlich durch steigende Meeresspiegel bedroht sind, wenn die Emissionen nicht reduziert werden.
China würde am meisten von einer Begrenzung auf 2° gewinnen, was die Gesamtzahl auf 64 Millionen verringern würde.
In zwölf weiteren Nationen leben jeweils mehr als 10 Millionen Menschen in Gefahr, angeführt von Indien, Bangladesch, Vietnam, Indonesien und Japan.
Die USA sind die am stärksten bedrohte Nation außerhalb Asiens, mit rund 25 Millionen Menschen auf entsprechendem Land.
Die Top-10 globalen Megacities mit bedrohten Populationen sind Shanghai, Hongkong, Kalkutta, Mumbai, Dhaka, Jakarta und Hanoi.
Climate Central hat eine überarbeitete Version seiner Surging Seas Risiko-Zonen-Karte eingeführt und hat die Karte aus der reinen US-Perspektive auf eine globale Abdeckung ausgedehnt (oben: Beispiel Hamburg) mit dem Ziel, ein leistungsfähiges neues Web-Tool zum globalen Verständnis und zur Kommunikation des Meeresspiegelanstiegs und der Überflutung von Küsten unter verschiedenen Szenarien von Kohlendioxydemissionen zur Verfügung zu stellen, zur besseren Information für die Küstenplanung und die weltweiten Resilienz-Anstrengungen.
Die Funktionen der New Risk Zone-Karte haben zum Inhalt:
die Fähigkeit zur Erkundung des Überflutungsrisikos bis zu 30 Meter (100 Fuß) Höhe über die Küstenlinien der Welt
Projektionen des lokalen Meeresspiegelanstiegs an mehr als 1.000 Küstenpegel auf sechs Kontinenten auf der Karte anzeigen
Hochwasserrisikoprojektionen an ausgewählten Küstenpegel innerhalb der Vereinigten Staaten eingeschlossen
Kundenspezifische Karten-Downloads via Kamera-Symbol in oberen rechten Eck des Bildschirms
Die Karte ist einbettbar und gezielt nach Stadt, Bundesland, Postleitzahl und anderen Ortsnamen durchsuchbar. Kartenbereiche unterhalb der ausgewählten Wasserstände werden als blau eingefärbte Satellitenbilder dargestellt, welche die Anfälligkeit für Überschwemmungen durch langfristigen Anstieg des Meeresspiegels, Sturmfluten und Gezeiten oder dauerhaftem Versinken durch Meeresspiegelanstieg zeigen. Kartenteile über dem ausgewählten Wasserstand werden in der Karte in weißen und blassen Grautönen dargestellt.
Schellnhuber, Hans J.
: Selbstverbrennung
Die fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff
Alarmierender Report über die selbstzerstörerischen Folgen einer ungebremsten Erderwärmung Um jedes Zehntelgrad zu kämpfen lohne sich, davon ist Deutschlands wichtigster Klimaforscher mit internationaler Reputation überzeugt. Er streitet seit Jahrzehnten darum, dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dem Klimawandel und seinen dramatischen Folgen endlich ins Auge sehen – und alles daran setzen, ihn aufzuhalten. In einem brisanten Thesenbuch spitzt er seine Kritik noch einmal zu: Nach derzeitigem Wissensstand bewegt sich unsere Zivilisation nicht auf die oft genannte
Zwei-Grad-Grenze, sondern viel dramatischer auf eine Erwärmung von 3 bis 4 Grad Celsius bis Ende des Jahrhunderts zu. Die fortgesetzte Verbrennung fossiler Energieträger droht zum kollektiven Suizid zu führen. Hans Joachim Schellnhuber fasst das aktuelle Wissen in aller Schärfe zusammen, damit die Politiker auf der Schicksalskonferenz in Paris im Spätherbst 2015 die letzte Chance zum Umsteuern ergreifen.
Der Potsdamer Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber über sein Buch „Selbstverbrennung“ und warum er der evangelischen Kirche im Lutherjahr eine Debatte über ihren Fortschrittsbegriff nahe legt.
Herr Schellnhuber, Sie bezeichnen ihr neues Buch
„Selbstverbrennung“
als ihr „Vermächtnis“. Darin verbinden Sie ihre naturwissenschaftliche Forschung mit den gesellschaftlichen Realitäten. Das hat in diesem Jahr auch der Papst mit seiner Schrift
„Laudato Si!“
getan. Hat es Sie überrascht, dass ausgerechnet
die katholische Kirche
sich damit auf die Seite der Klimaforschung geschlagen hat?
Es hat mich deshalb nicht überrascht, weil ich in den vergangenen Jahren
mehrfach Gelegenheit
hatte, über die Pontifikal-Akademie Informationen in die Debatte einzuspeisen. Die Kirche hat die Erkenntnisse der Klimawissenschaft klar zur Kenntnis genommen und akzeptiert. Der zweite Grund, warum mich das nicht überrascht hat, ist
der Papst selbst
. In dem Moment, in dem er den Namen Franziskus angenommen hat, war das natürlich auch Programm: Franz von Assisi ist der interessanteste Heilige der katholischen Kirche. Die Solidarität mit den Schwachen, den weniger Talentierten, den Armen sowie die Harmonie mit der Natur waren seine großen Themen vor 800 Jahren, und
dieser Papst hat genau das aufgegriffen
. Er ist ein Visionär – und ein tapferer Mann. Das muss man im Vatikan übrigens auch sein.
Die andere große Kirche, die evangelische, hat sich in Deutschland dem Umweltthema schon früh zugewandt. Andererseits hat der Protestantismus mit seinem Arbeitsethos aber auch einiges zur Zerstörung des Planeten beigetragen. Wie sehen Sie die Umweltdiskussion in der evangelischen Kirche?
Man kann nicht sagen, dass der Umweltdiskurs dort nicht stattfindet. Aber die wahre Leidenschaft ist bisher nicht entstanden. Das
Klimathema
gehört irgendwie zum thematischen Kanon eines Seelsorgers, der die spirituelle Betrachtung der Welt vollzieht. Aber ich glaube auch, dass die evangelische Kirche, ähnlich wie die deutschen Gewerkschaften, ein Problem mit ihrem Fortschrittsbegriff hat: der Glaube an die permanente materielle Wohlstandssteigerung. Das
Luther-Jubiläum 2017
wäre ein guter Zeitpunkt, um zu fragen: Braucht nicht auch die evangelische Kirche einen neuen Fortschrittsbegriff, der eher die Bewahrung der Schöpfung in den Vordergrund rückt als die immerwährende Expansion der fleißigen, unermüdlich schaffenden Menschen über die Erde,. Vielleicht finden sie Erfüllung in der Arbeit – aber kein Glück.
Die Frage, wie Armut überwunden werden kann, ohne den Klimawandel weiter anzufeuern, ist allerdings von beiden Kirchen nicht wirklich beantwortet. Wie sehen Sie das: Verhindert Klimaschutz die Überwindung von Armut? Oder verhindert der Klimawandel die Überwindung der Armut?
Diese Frage hat mich jahrelang gequält. Franziskus macht ja etwas sehr Geschicktes: Er referiert die Aussagen ganzer Gruppen von Bischöfen und Kardinälen. Er ist ein extrem guter Diplomat – anders könnte er auch als tapferer Mann kirchenpolitisch nicht überleben. Aber die Widersprüchlichkeit ist zu spüren. Steht Umwelt, die Bewahrung der Natur wirklich gegen die Entwicklungschancen der Mehrheit der Menschen? Inzwischen bin ich zu einer klaren Antwort gekommen: Es ist kein Gegensatz, ganz im Gegenteil!
Es ist nicht die Armut, die die Umwelt zerstört.
Es ist der Reichtum. Es ist die oberste Wohlstandsmilliarde der Menschen, die den Klimawandel verursacht. Die unterste Milliarde wird vielleicht Feuerholz suchen, aber bei der Zerstörung der Erde fällt das nicht ins Gewicht. Natürlich gibt es einen Druck auf die regionalen Ökosysteme. Aber selbst der wird stärker von multinationalen Agrarkonzernen ausgeübt – wie etwa beim Sojaanbau oder beim Anlegen von Palmölplantagen – als von der lokalen Bevölkerung. Die zweite große Verfälschung der Wirklichkeit liegt in der Behauptung, dass man um der Armen willen die Entwicklung, also etwa den Bau von Kohlekraftwerken, vorantreiben müsse. In Indien beispielsweise entlarvt sich das als blanke Schutzbehauptung. Zu der Vorstellung, dass man die letzte Inderin oder den letzten Inder irgendwo in einem abgelegenen Ort mit einem zentralen Stromnetz erreichen könnte, kann ich nur sagen: Viel Glück, da könnt Ihr lange warten. Die zusätzliche Elektrifizierung durch Kohlekraftwerke dient vor allem der Ober- und Mittelschicht. Die Armen werden gewissermaßen als menschliches Schutzschild verwendet, um eine Industriepolitik voran zu treiben, die den Eliten nützt. Das, was das Klima schützt, nützt zumeist auch den Armen: Also erneuerbare, dezentrale Energien, Recycling und ein effektiverer Umgang mit Ressourcen. Es ist für mich eine wichtige Erkenntnis, dass das, was zusammengehört, auch faktisch zusammenpasst.
Die neue soziale Frage?
Es ist jedenfalls nicht mehr der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit. Es geht inzwischen um den Ausgleich zwischen den heutigen und künftigen Generationen sowie zwischen Zentrum und Peripherie. Der Gegensatz besteht zwischen denen, die wirtschaftliche Macht besitzen, und die leben im Jetzt, und den „Unterliegern“ im Sinne eines Flusses, die keine Chance haben, an der Verteilung mitzuwirken. Eine Sozialdemokratie heute sollte die soziale Frage so stellen: Wie teile ich mit denen, die noch nicht geboren sind? Und: Wie teile ich mit denen, die an den Rändern der Weltwirtschaft vegetieren und bestenfalls als Zulieferer in den Sweat Shops in Kambodscha oder Bangladesch zählen. Das ist die himmelschreiende soziale Frage der Gegenwart, und erst, wenn die
Sozialdemokratie diese Solidarität neu begreift
, werde ich sie auch wieder Ernst nehmen.
Sie haben es in der Klimadebatte mit dem Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderung (WBGU) aber auch durch ihre Beratertätigkeiten geschafft, das
Zwei-Grad-Ziel
als Orientierungspunkt zu etablieren. Die globale Temperatur sollte nicht über die Zwei-Grad-Marke im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung steigen. Wie ist Ihnen das gelungen?
Wenn man eine Einsicht gewonnen hat, muss man beharrlich zu ihr stehen. Aber man muss auch ein bisschen Glück haben. Man muss Ohren finden, die sich öffnen, wenn man redet, und es müssen wichtige Ohren sein. Das kann man nicht planen. Aber, die Kraft von Ideen ist größer, als allgemein angenommen wird. Sie gehen ihren Weg. Langsam, manchmal beschleunigt durch Naturereignisse. Das ist kein Trost, weil wir beim Klimawandel auf jede Stunde angewiesen sind, um zu handeln. Trotzdem ist Geduld notwendig. Doch man muss die Entscheidungsträger auch nerven. Man muss immer wieder nachfragen. Oft wird man abgewimmelt, oder es wird ausgewichen. Man muss dann halt weiter nerven.
Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel beim 20-Jahres-Kongress des WBGU sehr schön formuliert.
Sie hat gesagt: „Fallen Sie uns auch weiterhin auf den Wecker. Das ist Ihre Aufgabe.“
Allein in meiner Lebenszeit hat sich die Welt gewaltig verändert. Den Mauerfall hatte ich nicht erwartet, oder das mobile Geld in Kenia. Heißt das im Umkehrschluss nicht auch: Veränderungen können auch ganz schnell passieren?
Die nicht-linearen und abrupten Entwicklungen in der Gesellschaft sind vielleicht sogar noch interessanter als die in der Natur. Und das ist ein Grund zur Hoffnung. In Paris wird es wohl einen bescheidenen Verhandlungserfolg geben, aber keinen Anlass, uns entspannt zurückzulehnen. Aber das Tempo, in dem Innovationen stattfinden, hat sich seit dem Beginn der Industrialisierung gewaltig beschleunigt. Und das geschieht auch im Augenblick: Das neue System, das überlebensfähige, also die erneuerbaren Energien, zerstören das alte System. Das ist bereits tot, hat es aber noch nicht wahrgenommen.
Moralisch überholt.
Auch ökonomisch und technisch. Da kommt die
Psychologie der Investoren
ins Spiel. Wenn eine Idee ganz neu ist, und der Marktanteil klein, dann ist sie nicht attraktiv, weil man das Neue als Spinnerei und riskant abtut. Wenn der Anteil mal mehr als ein Drittel oder schon die Hälfte ist, ist die Idee nicht mehr interessant, weil es quasi alle machen. Aber im Moment kippt das System. Die Investitionen werden aus den fossilen Geschäften wie der Kohle abgezogen und in erneuerbare Energien gesteckt. Wenn ein Investor die Wahl hat, in ein neues Kohlekraftwerk zu investieren, oder in ein großes Solarkraftwerk, dann ist völlig klar, was der Investor tun wird. Alles kann sehr schnell gehen und das muss es auch. Denn mit den normalen Raten an Innovation, Effizienzsteigerung und so weiter, werden wir die Zwei-Grad-Linie nicht halten. Die Entwicklung muss also nicht-linear verlaufen. Das fossil-nukleare System dürfte implodieren wie die Sowjetunion implodiert ist. Es könnte allerdings auch anders herum kommen, dass wir nämlich zurück ins alte System schwingen. Und dann sehe ich schwarz für die Menschheit.
Ist Klimaschutz nur Politik und Wirtschaft?
Wir Verbraucher treffen täglich Konsumentscheidungen mit großen Auswirkungen auf das Klimasystem. Wenn wir alle nur noch
einmal in der Woche Fleisch
essen oder sogar ganz darauf verzichten würden, hätte das einen unmittelbaren Klimanutzen – und würde Landkonflikte mindern, weil weniger Anbaufläche für Viehfutter gebraucht würde. Eigentlich gibt es genug fruchtbare Böden auf der Welt, um alle zu ernähren. Ich will weg davon, dass man immer bequem mit dem Finger auf andere deutet: das System, das Kapital, die Firmen. Ja sicher. Aber selbst die größten Konzerne brechen zusammen, wenn die Kunden sie meiden. Sehr viele Kleininvestoren können scheinbar übermächtige Institutionen in die Knie zwingen. Deshalb plädiere ich ja auch für den Klimaschutz als Weltbürgerbewegung.
Die Konsumenten haben Macht, das ist wahr. Aber oft sind sie allein und nicht organisiert.
Klimaschutz muss zweifellos auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Natürlich braucht es die politische Ebene. Auch Führungsstärke ist nötig. Aber eben vor allem die Verantwortung des Einzelnen.
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Schockierendes Interview mit James Hensen in CNN
Es kommt viel schneller, sehr viel dicker als gedacht – wenn wir nicht endlich ernsthaft, radikal und schnell handeln.
James Hansen ist immer für eine Überraschung gut. In jedem Fall horcht alle Welt auf, wenn sich der umtriebige Klimawissenschaftler (ehemals NASA, jetzt am Earth Institute der Columbia University) zu Wort meldet. Und das hat er jetzt wieder: Nur wenige Monate vor dem Klimagipfel in Paris veröffentlicht er eine gemeinsam mit anderen Wissenschaftler/innen verfasste Studie zum Meeresspiegelanstieg. Interessanterweise ist die Studie nicht – wie sonst eher üblich – „peer reviewed“, sondern das wissenschaftliche Review findet live und öffentlich zu verfolgen als interaktive Diskussion auf der Website des Open Access Journalis Atmospheric Chemistry and Physics Journals statt.
Hansen selbst begründet dieses Vorgehen mit dem Zeitfaktor: Die Ergebnisse seien dermaßen alarmierend, dass man es sich schlicht nicht leisten könnte, Monate zu warten, bis sie veröffentlicht werden. Die Politik soll vor dem Klimagipfel in Paris Kenntnis haben von dem, was er und sein Team herausgefunden haben.
Die Studie wird bereits seit Tagen in den Medien diskutiert, u.a. in der Washington Post und in der Huffington Post. Die beunruhigenden Fakten, die die Wissenschaftler/innen auf den Tisch legen: Erdgeschichtlich haben Zeiten, in denen es nur 1°C wärmer war als heute, zu einem Meeresspiegelanstieg von 5 bis 9 Metern geführt. Das liegt wohl an der Erwärmung der Ozeane, mit denen die Eisschollen Kontakt haben. Wir können uns laut Hansen auf mehrere Meter Meersspiegelanstieg in den kommenden 50 Jahren sowie erhebliche Stürme einstellen. Das liegt weit über den Annahmen des letzten Sachstandsberichts des Weltklimarats.
Hansen und sein Team kommen zum Schluss:
„We conclude that 2 °C global warming above the preindustrial level, which would spur more ice shelf melt, is highly dangerous.“
Zu einer ähnlichen Schlussfolgerung sind auch die Expert/innen des „Structured Expert Dialogue (SED)“ der UN Klimarahmenkonvention (UNFCCC) gekommen. Sie haben im Mai 2015 ihren technischen Bericht vorgelegt, nachdem sie zwei Jahr lang geprüft hatten, wie adäquat das 2°C-Ziel ist
Was machen unsere Staats- und Regierungschefs und -chefinnen nun, wenn ihnen die Wissenschaft auf der einen Seite erklärt, dass das 2°C-Limit weder ein Ziel sein sollte noch uns in irgendeiner Weise ausreichend vor katastrophalem Klimawandel schützen wird, und auf der anderen Seite die Stimmen derjenigen lauter werden, die sagen, das 2°C-Ziel sei politisch und technologisch nicht zu halten; man müsse sich halt auf einen „Overshoot“ einstellen und planen, mit Geoengineering zusätzliches CO2 aus der Atmosphäre zu holen?
Darauf gibt es keine einfache Antwort. Aber zumindest ein paar einfache Nachfragen seien erlaubt: Was bitteschön ist denn „politisch realistisch“? Ist es politische realistisch, eine Welt mit einem 10 Meter höheren Meeresspiegel, häufigen Extremwetterereignissen und Milliarden von Klimaflüchtlingen zu „managen“? Ist es politisch realistischer, dass sich die Regierungen kleiner Inselstaaten und Bürgermeister/innen großer Küstenstädte um die Umsiedlung von Millionen von Menschen kümmern, als dass sich ein paar Millionen Europäer/innen, Nordamerikaner/innen, Australier/innen und Japaner/innen mit weniger und sauberer Energie sowie weniger Flugreisen zufriedenstellen lassen?
Ja, eine schnelle, radikale und endgültige Dekarbonisierung unserer Wirtschaft und Lebensweisen ist möglich. Schwer dabei ist nur die Überwindung des Widerstands derjenigen, die dabei viel zu verlieren haben.
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Papst: Letzte Ölung für CO2 Lobby?
Zum ersten Mal in der Geschichte der katholischen Kirche befasst sich eine Enzyklika mit Klimaschutz und Umwelt. Papst Franziskus mahnt in seiner Schrift eine radikale Umkehr an und ein Ende des ‚unersättlichen und unverantwortlichen Wachstums‘.
Tagesthemen: Enzyklika veröffentlicht – PAPST wirbt für Umweltschutz und erneuerbare Energien – 18.06. 2015
Kardinal Marx lobt Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus, nachdem ich den Kardinal noch kurz vorher in Mainz bei einer Veranstaltung der GRÜNEN in der Rheingoldhalle gesehen hatte.
USA: selbst ultrareaktionäre FOX NEWS werden (teilweise) nachdenklich
Der Papst wird von einem sehr merkwürdigen Gast in FOX News andererseits zum „gefährlichsten Menschen auf Erden“ erklärt.
CNN: Position des Papstes wird enormen Einfluss haben
CNN bewundert die klare Sprache des Papstes
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Wir zerstören die Grundlagen unserer Existenz schneller als die Natur sie reparieren kann
Jakob von Uexkull
Zukunftsforscher, Gründer des „World Future Council“ und des „Alternativen Nobelpreises“
Nachhaltigkeit
– Wir zerstören die Grundlagen unserer Existenz schneller als die Natur sie reparieren kann. Wenn wir unsere „Business-as-usual“-Behandlung des Planeten fortsetzen, werden künftige Generationen nicht nur dem ökologischen Kollaps, sondern auch großen Herausforderungen in den Bereichen Frieden, Sicherheit und Entwicklung gegenüber stehen.
Es liegt in unserer Verantwortung, einen Paradigmenwechsel von kurz- zu langfristigem Denken herbeizuführen, um zu gewährleisten, dass wir unseren Kindern und Enkelkindern eine lebenswerte Welt übergeben. Deshalb brauchen wir regionale, nationale und internationale Institutionen, die Nachhaltigkeitsprobleme und zukünftige Bedrohungen erkennen und auf eine nachhaltige Planung und Entscheidungsfindung in der Politik achten.
Die 70. Generalversammlung der Vereinten Nationen im September wird in der Vereinbarung der Sustainable Development Goals (SDGs) gipfeln, die die weltweiten Entwicklungsziele bis zum Jahr 2030 umreißen. Die SDGs sollen sowohl den Rahmen für eine gerechte Entwicklung in nächster Zukunft als auch im Hinblick auf zukünftige Generationen schaffen. Aber Menschen können nicht langfristig denken und handeln, wenn sie täglich um ihre Existenz kämpfen müssen.
Der Klimawandel
wirkt sich am stärksten auf die ärmsten Menschen auf unserem Planeten aus, indem er ihr Grundrecht auf Nahrung, Wasser und Schutz bedroht. So wird es einem Großteil der Weltbevölkerung unmöglich gemacht, sich auf eine Art zu entwickeln, die die Rechte künftiger Generationen nicht gefährdet.
Arme und schwache Menschen müssen geschützt werden
In einer Welt, in der kurzfristige Lösungen Vorrang vor den Bedürfnissen der zukünftigen Generationen haben, ist es besonders wichtig, sicherzustellen, dass auch sie eine Stimme haben. Daher müssen wir politische Rahmenbedingungen schaffen, die die gegenwärtig Armen und Schwachen schützen, ohne deren Schutz in der Zukunft zu vernachlässigen.
Dazu ist mehr notwendig als
die Umstellung von fossilen zu erneuerbaren Energien.
Es erfordert ein Verständnis des Konzepts der Menschenrechte, das für heutige und zukünftige Generationen greift und lokale und globale Teilungen überbrückt. Nur auf dieser Basis können wir widerstandsfähigere und gleichberechtigte Gesellschaften schaffen.
Viele Institutionen denken und arbeiten noch immer in Silos anstatt ihre Lösungen so zu konzipieren, dass sie den Herausforderungen einer zunehmend vernetzten Welt gerecht werden. Vielen Lösungsversuchen fehlen Ganzheitlichkeit und Kohärenz.
Wir müssen Silo-basiertes Denken durchbrechen, sowohl bei Regierungen und den Vereinten Nationen als auch in der Zivilgesellschaft, sodass Herausforderungen in einem größeren inhaltlichen und zeitlichen Rahmen gesehen werden. Wenn wir die existierenden Modelle und Praktiken nicht hinterfragen, laufen wir Gefahr, zukünftigen Generationen eine Welt drastisch verminderter Möglichkeiten zu übergeben.
Die gute Nachricht ist, dass viele politische Lösungen bereits vorhanden sind. Wir müssen also keinesfalls bei Null anfangen. Wir können von diesen zukunftsweisende Strategien lernen und auf vorhandene Erfolgsgeschichten aufbauen.
Eine solche Erfolgsgeschichte wurde z.B. in Ungarn geschrieben, wo die Regierung im Jahr 2008 einen Kommissar für zukünftige Generationen etablierte, um den Schutz der Umwelt zu stärken und Generationengerechtigkeit zu fördern. Als einer der ersten seiner Art hatte der ungarische Kommissar die Aufgabe, das verfassungsrechtlich verankerte Grundrecht auf eine gesunde Umwelt zu gewährleisten.
Als offizieller Mandatsträger, der vom nationalen Parlament ernannt und mit der Vertretung der Interessen der Bürger beauftragt ist, kann der Kommissar die Verpflichtung, die Interessen zukünftiger Generationen zu wahren, effektiv umsetzen.
Ein Gesetz zum „Wohlbefinden zukünftiger Generationen“
Auch in Wales hat die Regierung gerade ein Gesetz zum „Wohlbefinden zukünftiger Generationen“ erlassen, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse der heute Lebenden erfüllt werden, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen einzuschränken. Enthalten ist u. a. die Schaffung eines Kommissariats für zukünftige Generationen in Wales, das die Aufgabe hat, die Rechte unserer Nachkommen zu schützen.
Während solche Erfolge sehr inspirierend sind, können gute politische Maßnahmen selten einfach als Patentlösung angesehen und kopiert werden – sie müssen an die jeweiligen lokalen Umstände und Bedürfnisse angepasst werden, um wirklich effektiv zu sein. Der Austausch von Erfahrungen ist von entscheidender Bedeutung, um politische Entscheidungsträger in die Lage zu versetzen, eine nachhaltige Zukunft für alle zu gewährleisten.
Ende April wird eine globale Gemeinschaft von politischen Entscheidungsträgern und Institutionen, die daran arbeiten, die Rechte künftiger Generationen zu wahren, in Cardiff zusammenkommen, um den Erlass des walisischen Gesetzes zu würdigen und den laufenden Dialog über beste politische Lösungen fortzusetzen. Teilnehmer und Referenten aus der ganzen Welt, darunter Kanada, Ungarn, Finnland und Deutschland, werden erörtern, welche Rolle subnationale Regierungen bei der Umsetzung der Post-2015-Agenda spielen können.
Solche Initiativen zeigen, dass spezielle Mechanismen wichtige Prozesse wie die Definition und Umsetzung der SDGs und die Stabilisierung des Klimas unterstützen und erleichtern können und deshalb von Zivilgesellschaft und Regierungen gleichermaßen unterstützt werden sollten. Wir können in diesem Jahr die Weichen zur Schaffung von politischen Rahmenbedingungen für eine gerechte und nachhaltige Welt stellen. Wenn wir aber weiterhin nicht handeln, bedrohen wir damit alle unsere Errungenschaften und unsere Hoffnungen für die Zukunft. Die Entscheidung liegt bei uns.
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Kohlenstoffbudget
ZUKUNFT Zum Erreichen des 2-Grad-Ziels müssen riesige Energievorkommen in der Erde bleiben. EU, Golfstaaten und Russland Verlierer
VON BERNHARD PÖTTER
BERLIN taz | Bei einem ernsthaften globalen Klimaschutz würden viele Länder und Konzerne eine Menge Geld verlieren: Wenn die Erwärmung der Atmosphäre bis 2100 bei 2 Grad Celsius gestoppt werden soll, müssen insgesamt 88 Prozent der weltweiten Reserven an Kohle, 52 Prozent der Gasvorkommen und 35 Prozent der Ölvorräte im Boden bleiben. Das ist das Ergebnis einer Studie des britischen University College in London, die jetzt in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Die Untersuchung zeigt auch, welche Regionen am meisten betroffen wären: Europa, die USA, Japan und Australien würden auf ihrer Kohle sitzen bleiben, die Mittlere Osten auf seinem Gas und Kanada auf seinen Teersänden. Auch die umstrittene Ölsuche in der Arktis wäre ein Verlustgeschäft.
Neu an der Untersuchung ist ein genauer Blick, welche Rohstoffe „unbrennbar“ sind, weil sie das „Kohlenstoffbudget“ der Erde überschreiten. Bereits vor einigen Jahren hat die Internationale Energieagentur (IEA) in Paris errechnet, dass etwa zwei Drittel aller fossilen Brennstoffe nicht verheizt werden dürfen, wenn das von allen Staaten akzeptierte 2-Grad-Ziel erreicht werden soll. In dem aktuellen Papier errechnen die Forscher, wo Öl, Kohle und Gas in den nächsten Jahrzehnten noch so billig zu fördern sind, dass diese Brennstoffe auch unter einem strengen Klimaregime bis 2050 auf den Markt kämen. Die komplexen Modelle zeigen gravierende Probleme für die Energiepolitik vieler Regionen: So müssten die Ölstaaten am Persischen Golf auf die Ausbeutung von 38 Prozent ihrer Reserven verzichten. In Kanada rechnen sich die umstrittenen Teersand-Projekte nicht, 75 Prozent der Reserven blieben damit unberührt. Die USA wiederum könnten über 90 Prozent des heimischen Öls fördern, weil die Kosten für Produktion und Vertrieb gering sind. Und allein aus ökonomischen Gründen sollten „alle arktischen Ressourcen als unverbrennbar eingestuft werden“.
Beim Gas könnten nach diesen Modellen die Golfstaaten, die Staaten der ehemaligen Sowjetunion und Lateinamerika rund 60 Prozent ihrer Reserven nicht antasten. Vor allem aber würde echter Klimaschutz einen Abschied von der Kohle bedeuten: Die USA und Russland könnten nur noch 10 Prozent ihrer Reserven ausbeuten, China und Indien nur noch 35 Prozent. Selbst die Einführung der umstrittenen und nicht erprobten Abtrennung und Speicherung des CO 2 aus der Kohle (CCS) hätte darauf nur „einen relativ bescheidenen Einfluss“. Insgesamt sei der „Instinkt der Politiker, schnell und vollständig die fossilen Brennstoffe ihrer Länder auszubeuten“, nicht mit dem Klimaschutz zu vereinbaren, schreiben die Autoren. Auch Geld für neue Gas- und Ölfelder sei verschwendet, denn „Entdeckungen können nicht zu mehr Produktion führen“.
Der Zweifel am Sinn von Investitionen breitet sich inzwischen auch in der Wirtschaft immer weiter aus. Erst im Dezember warnte die Investitionsbank Goldman Sachs, weltweit stünden Ölprojekte für mehr als eine Billion Dollar auf der Kippe, weil der Ölpreis unter 60 Dollar pro Fass gefallen war. Inzwischen liegt er bei unter 50 Dollar.
Beim Gas könnten nach diesen Modellen die Golfstaaten, die Staaten der ehemaligen Sowjetunion und Lateinamerika rund 60 Prozent ihrer Reserven nicht antasten. Vor allem aber würde echter Klimaschutz einen Abschied von der Kohle bedeuten: Die USA und Russland könnten nur noch 10 Prozent ihrer Reserven ausbeuten, China und Indien nur noch 35 Prozent. Selbst die Einführung der umstrittenen und nicht erprobten Abtrennung und Speicherung des CO 2 aus der Kohle (CCS) hätte darauf nur „einen relativ bescheidenen Einfluss“. Insgesamt sei der „Instinkt der Politiker, schnell und vollständig die fossilen Brennstoffe ihrer Länder auszubeuten“, nicht mit dem Klimaschutz zu vereinbaren, schreiben die Autoren. Auch Geld für neue Gas- und Ölfelder sei verschwendet, denn „Entdeckungen können nicht zu mehr Produktion führen“.
Eine Visualisierung und Zusammenfassung der signifikantesten Aussagen des „Intergovernmental Panel on Climate“. Produziert vom „International Geosphere-Biosphere Programm”, “Globaia” und finanziert von der UN.
Mir gefällt der Film nicht. Keine verständliche Sprache und Risiken sind schwer zu erkennen. Ein typischer Kompromiss Film.